Alle reden von der „Globalisierung“, doch die Frage, was genau damit gemeint ist, wird meist nicht gestellt. Aktuelle politische Auseinandersetzungen beziehen sich auf die kommunikationstechnisch gestützte ökonomische Verklammerung großer Teile der Erde bei gleichzeitiger Zersplitterung tradierter Lebensgefüge und interpretieren sie als Wegmarken der sich gegenwärtig rapide verändernden Welt. Unabhängig von einem jeweils eher kritischen oder eher affirmativen Gestus erscheint Globalisierung als evident, unabwendbar und sogar unhintergehbar. Diese ‚Evidenz’ ist jedoch fragwürdig, da Globalisierung hiermit allein auf gegenwärtige Phänomene und auf die nahe Zukunft reduziert wird – eine Reduktion, die uns problematisch erscheint.

Neben der Geschichtslosigkeit gerät die eigentümliche Raumlosigkeit der Globalisierungsdebatte in den Blick, denn die Beschleunigung technischer und ökonomischer Prozesse wird eher als Überwindung des Raumes thematisiert, deutlich seltener jedoch hinsichtlich der hinzu gehörigen Veränderung von Räumen, von Raumbezügen und Raumordnungen. Mit unserem Workshop greifen wir die in den Sozial- und Kulturwissenschaften sowie in der kritischen Geographie seit neuestem zu beobachtende Konjunktur des Raumes auf, um die Selbstverständlichkeit zu hinterfragen, mit der – wenn überhaupt – Raum und Raumbegriffe im (historischen) Globalisierungsdiskurs bislang firmieren. Unser Ziel ist es, anhand der Kategorie Raum und ihrer historischen Verschiebungen das Phänomen der „Globalisierung“ in seinen kulturellen sowie in seinen konkreten materiellen Dimensionen genauer zu erfassen. Den unscharfen Begriff der „Globalisierung“ möchten wir für unser Thema in seinem Wortsinn präzisieren als zeitlicher Verlauf der verschiedenen kulturellen Arbeiten am Raum, durch die der Globus auch jenseits des Erdkugelmodells als ‚Verdichtung’ sichtbar und operationalisierbar werden konnte.

Der Workshop ist am Schnittpunkt von Historisierung und Verräumlichung der Globalisierungsdebatte angesiedelt. Wir hoffen, auf diese Weise einen fruchtbaren Austausch von „Zeitexperten“ (aus den Geschichtswissenschaften und insbesondere der Wissenschaftsgeschichte) und „Raumexperten“ (aus den Geowissenschaften und anderen Kultur- und Sozialwissenschaften) anzustoßen, die sich gegenwärtig programmatisch dafür einsetzen, den kulturwissenschaftlich angestoßenen „spatial turn“ für die historische Forschung in Deutschland zu vollziehen. Eine anschließende Veröffentlichung der Beiträge in Form eines Diskussionsbandes ist vorgesehen.


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